Zurzeit checke ich, wieder und immer wieder, die Internet-News-Seiten. Das mache ich wahrscheinlich meistens. Aber nicht immer so erwartungsvoll wie gerade jetzt. Der Grund: Ich warte auf die neusten Trump-News. Genauer: auf den finalen Tritt in seinen Hintern der ihn zu Fall bringen wird.
Genauso war es schon nach der US-Präsidentschafts-Wahl vor wenigen Wochen. Aber schon damals hatte ich vergeblich gewartet. Erst gewartet auf die Niederlage. Dann auf das Eingestehen dieser Niederlage durch Trump & Co. Das zog und zog sich, und passierte letztendlich nicht. Und so wollte sich das erhofftes Gefühl eines Finalen Triumphs einfach nicht einstellen.
Mein Interesse hat definitiv etwas Eskapistisches: Endlich passiert mal etwas außerhalb des üblichen Pandemie-News-Breis. Es wird Geschichte geschrieben! Eine Schlammschlacht veranstaltet! Und es steht viel auf dem Spiel. Der vielleicht mächtigste Mann der Welt ist angeschlagen und schlägt wie wild um sich. Etwas wird, etwas muss passieren.
Und doch wird sich – höchst wahrscheinlich – nicht viel ändern. Jedenfalls nicht für mich. Hier. In meiner Wohnung in Friedrichshain. Mit meiner kleinen Familie und meinem kleinen Job. Und meinen kleinen Gedanken.
Um so mehr brauche ich diese schlecht geplottete Soap, die jeden Tag aufs Neue mit einem Höhepunkt (der eigentlich immer ein Tiefpunkt ist) aufwartet! Die größte Neuigkeit der vergangenen Tage? Trump wird von Twitter gesperrt. Und obwohl ich weiß, dass das eine große Sache sein sollte (und es dies wahrscheinlich auch ist), reicht das irgendwie nicht um mir ein Hochgefühl zu bescheren. Ich bin nicht auf Twitter. Und überhaupt, ist das ein Witz? Höchststrafe: Sperrung des Twitter-Accounts. Das ist eher etwas mit dem man einem Teenager abstrafen würde. Nicht einen Mann Mitte 70 von seinem Format. Jemand der 25.000 gezählte, öffentliche Lügen auf dem Konto hat, allein in den letzten vier Jahren.
Lock him up! Lock him up!
(Seufz)
Auf was warte ich eigentlich? Die Demokraten haben alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Trump wurde von weiten Teilen des politischen Establishments und den News-Business zur Unperson erklärt. Er wird bald aus dem Amt rausfallen. Sich mit einem Haufen Klagen auseinandersetzen. Was sich vermutlich über Viele Jahre ziehen wird. Der Finale Fall bleibt aus. Oder wird schließlich so Anti-Klimatisch sein, dass sich niemand mehr dafür interessieren wird.
Aber vielleicht kommt es ja in den nächsten Tagen nochmal zu einem größeren Knall. Ein Anschlag oder ein Lynch Mob von Trump Anhängern. Oder was auch immer. Das wäre tragisch, und würde meiner Sensationsgier vermutlich noch einmal richtig Leben einhauchen (und meine News-Abhängigkeit noch mal um einige Tage oder Wochen verlängern). Krasser Scheiß halt!
Und dann? Was wird von all dem bleiben, in ein paar Monaten, Jahren oder Jahrzehnten? Wird Trumps Amtszeit als Treppenwitz in die Geschichte eingehen? Als eine Freakshow? Ein peinliches Versehen? Oder wird sie, ähnlich wie der 11. September, der Symbol und Marker sein, für eine politische Zeitenwende?
So oder so: Trump selbst ist nicht das Problem. Ja, er ist ein Problem. Aber er ist nicht schuld an der politischen Krise der USA, an der Pandemie oder am ungezügelten globalen Kapitalismus, oder eben an meinen ganz persönlichen Ängsten.